Tour 65: Auf den Vetzberg
Die rund 19 Kilometer lange Tour führt von Gießen auf den Vetzberg und retour.
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Die Anreise erfolgt über Heuchelheim, dem Oberen Hardhof und Gleiberg. Zur Burg auf dem Vetzberg geht es dann gut zur Sache. Wer es ohne Schieben bis zum Turm und zur Burschänke schafft… Chapeau! Vor dem letzten, stöckelgepflastertem Stück informiert ein Schild:
Die Burg Vetzberg
Von Weitem sichtbar prägen die beiden Burgen Vetzberg und Gleiberg das Landschaftsbild. Nur knapp 1,5 km voneinander entfernt wurden diese Burgen auf Basaitstöcken erbaut, sodass sich dem Betrachter eine Verknüpfung der Burgen miteinander geradezu aufdrängt. Der erste Teil der Burganlage Vetzberg entstand frühestens zwischen 1100 und 1150 als Zweitburg der Gleiberger Grafen. Vetzberg wurde erstmals urkundlich 1226 als „Vogtisburg“ erwähnt und war demnach von einem Gleiberger Vogt bewohnt. Die vier Meter tiefer Iiegende Anlage, die Unterburg wurde vermutlich ab Mitte des 13. Jahrhunderts ausgebaut. Erhalten sind der 22,7 Meter hohe Bergfried, die Giebelwand des Palas (Haupt- und Mehrzweckbau), Teile der Burgringmauern und Reste der Unterburg. Die Besonderheiten des Bergfrieds sind die drei Kuppelgewölbe und die zwei Hocheingänge; üblich waren ein Gewölbe und ein Hocheingang. Der heute gepflasterte Weg zur Burg war auch der frühere Aufgang. Er folgte nicht einer natürlich vorhandenen Trasse, sondern wurde absichtlich rechts um den Burgberg geführt, damit die Angreifer ihre rechte Seite, die nicht durch den Schild geschützt war, den Verteidigern zuwenden mussten. Zur Verteidigungsanlage des Dorfes gehörte eine 6 Meter hohe und 340 Meter lange Ringmauer mit 6 Halbrundtürmen, die heute überbaut ist. Der einzige Eingang zum Dorf war der gotische Torturm aus dem i4. Jahrhundert mit zwei Flügeltorpaaren, Fallgatter und Schießscharten. Im Jahre 2000 hat der Vetzbergverein eine Stahltreppe zwischen Palasmauer und Turm montieren lassen. Sie führt über den Hocheingang in das mittlere Bergfried-Stockwerk und zu einer Aussichtsplattform. Besucher, die auf den Aussichtsbalkon im Mittelgeschoss möchten, erhalten den Schlüssel zum Turm gegen eine Kaution in der Burggaststätte.Info: www.vetzbergverein.de
Burgen & Schlösser
Das 12. Jahrhundert war die hohe Zeit der Ritter und ihrer Burgen. Zur Verteidigung ihres Besitzes bauten die Ritter ihre Burgen auf Anhöhen oder schützten sie mit einem rund um die Burg verlaufenden Wassergraben. Die Burgen Gleiberg, Vetzberg, Staufenberg und Nordeck wurden auf Anhöhen errichtet und prägen dadurch auch heute noch die Landschaft im GießenerLand. Die Grafen und Fürstenfamilien residierten dagegen in repräsentativen Schlössern in der Ebene. Sehenswerte Schlossanlagen im GießenerLand befinden sich in Buseck, Hungen, Lich und Laubach.
Parks & Gärten
Die Zeit der Garten- und Parkanlagen im Gießener Land begann erst im 15./16. Jahrhundert. Die grünen Oasen wurden immer wieder umgestaltet, bis sich um 1800 der englische Gartenstil mit seinen harmonischen Pflanzen-Kompositionen durchsetzte. Die schönsten Gärten und Parks in diesem Stil sind im Gießener Land die Schlossparks in Laubach, Lich und Buseck sowie der Burggarten in Londorf und der Gail’sche Park in Rodheim-Bieber.
Buchtipp: Sagen und Geschichten aus dem Gleiberger Land von Dieter Prinz.
Die Metallkonstruktion am Turm hat zirka 60 Stufen und bietet schöne Blicke in die Ferne.
Wer sich in der Burgschänke stärken will, sollte eher kein Vegetarier und schon gar kein Veganer sein. Das Angebot erstreckt sich laut Aushang nur von Pommes Frites mit Ketchup und Majo (= Struwwelstangen) bis zu Handkäse mit Musik.
Die Burg Vetzberg
Von Weitem sichtbar prägen die beiden Burgen Vetzberg und Gleiberg das Landschaftsbild. Nur knapp 1,5 km voneinander entfernt wurden diese Burgen auf Basaitstöcken erbaut, sodass sich dem Betrachter eine Verknüpfung der Burgen miteinander geradezu aufdrängt. Der erste Teil der Burganlage Vetzberg entstand frühestens zwischen 1100 und 1150 als Zweitburg der Gleiberger Grafen. Vetzberg wurde erstmals urkundlich 1226 als „Vogtisburg“ erwähnt und war demnach von einem Gleiberger Vogt bewohnt. Die vier Meter tiefer Iiegende Anlage, die Unterburg wurde vermutlich ab Mitte des 13. Jahrhunderts ausgebaut. Erhalten sind der 22,7 Meter hohe Bergfried, die Giebelwand des Palas (Haupt- und Mehrzweckbau), Teile der Burgringmauern und Reste der Unterburg. Die Besonderheiten des Bergfrieds sind die drei Kuppelgewölbe und die zwei Hocheingänge; üblich waren ein Gewölbe und ein Hocheingang. Der heute gepflasterte Weg zur Burg war auch der frühere Aufgang. Er folgte nicht einer natürlich vorhandenen Trasse, sondern wurde absichtlich rechts um den Burgberg geführt, damit die Angreifer ihre rechte Seite, die nicht durch den Schild geschützt war, den Verteidigern zuwenden mussten. Zur Verteidigungsanlage des Dorfes gehörte eine 6 Meter hohe und 340 Meter lange Ringmauer mit 6 Halbrundtürmen, die heute überbaut ist. Der einzige Eingang zum Dorf war der gotische Torturm aus dem i4. Jahrhundert mit zwei Flügeltorpaaren, Fallgatter und Schießscharten. Im Jahre 2000 hat der Vetzbergverein eine Stahltreppe zwischen Palasmauer und Turm montieren lassen. Sie führt über den Hocheingang in das mittlere Bergfried-Stockwerk und zu einer Aussichtsplattform. Besucher, die auf den Aussichtsbalkon im Mittelgeschoss möchten, erhalten den Schlüssel zum Turm gegen eine Kaution in der Burggaststätte.Info: www.vetzbergverein.de
Burgen & Schlösser
Das 12. Jahrhundert war die hohe Zeit der Ritter und ihrer Burgen. Zur Verteidigung ihres Besitzes bauten die Ritter ihre Burgen auf Anhöhen oder schützten sie mit einem rund um die Burg verlaufenden Wassergraben. Die Burgen Gleiberg, Vetzberg, Staufenberg und Nordeck wurden auf Anhöhen errichtet und prägen dadurch auch heute noch die Landschaft im GießenerLand. Die Grafen und Fürstenfamilien residierten dagegen in repräsentativen Schlössern in der Ebene. Sehenswerte Schlossanlagen im GießenerLand befinden sich in Buseck, Hungen, Lich und Laubach.
Parks & Gärten
Die Zeit der Garten- und Parkanlagen im Gießener Land begann erst im 15./16. Jahrhundert. Die grünen Oasen wurden immer wieder umgestaltet, bis sich um 1800 der englische Gartenstil mit seinen harmonischen Pflanzen-Kompositionen durchsetzte. Die schönsten Gärten und Parks in diesem Stil sind im Gießener Land die Schlossparks in Laubach, Lich und Buseck sowie der Burggarten in Londorf und der Gail’sche Park in Rodheim-Bieber.
Buchtipp: Sagen und Geschichten aus dem Gleiberger Land von Dieter Prinz.
Die Metallkonstruktion am Turm hat zirka 60 Stufen und bietet schöne Blicke in die Ferne.
Wer sich in der Burgschänke stärken will, sollte eher kein Vegetarier und schon gar kein Veganer sein. Das Angebot erstreckt sich laut Aushang nur von Pommes Frites mit Ketchup und Majo (= Struwwelstangen) bis zu Handkäse mit Musik.
Eduard Duller schrieb 1841 über Vetzberg:
Nicht so umfangreich und stattlich wie die Gleibergs, nimmt sie sich doch äusserst malerisch aus; und, wenn auch mehr zerfallen, blickt sie doch gar hell und freundlich auf das schöne Thal ringsum herab. Das zerklüftete Mauerwerk lehnt sich gleichsam an den schlanken Thurm, als suche es bei ihm Schutz; dieser selbst blickt (wie ein Sohn zum Vater) zu dem alten ernsten Thurm Gleibergs hinauf. Unterhalb der Ruine schmiegt sich das ärmliche Dörflein an den Berg; kein Gotteshaus ladet die Bewohner mit Glockentönen zu sich ein; einst – doch das ist wohl schon an vierhundert Jahre her – stiegen sie zur Burgkapelle hinan, welche jetzt in Trümmer zerfallen ist. Nahebei liegt der Vetzberger Hof. Welch’ einen mächtigen Eindruck auch die Ueberreste Gleibergs und das grossartige Panorama von dessen Thurm hervorbrachten, – es verlohnt sich doch der Mühe, nach Vetzberg hinüberzuwandern und dessen Trümmer in der Nähe zu beschauen.
Woher der Name „Vetzberg” stammt? Man hat schon mancherlei verschiedenartige Ableitungen desselben versucht. Einige meinen: er stamme vom Worte Vogt (im Volksmund: „Voit” oder „Fond”), weil ein Landvogt hier im Schlosse gesessen. Andere nehmen an, ein gewisser Vodo habe dies Schloss erbaut, und daher heisse es ursprünglich „Vodosberg”. In alten Urkunden kommt der Name in den Varianten „Vodinburg, Voitsberg, Vätsberg, Voydesberg, Vogedenberg und Fondsberg vor.
Wie Vetzberg bescheiden und friedlich neben dem stolzen trotzigen Gleiberg liegt, so folgt auch seine Geschichte einem gleichen Verhältniss. Es ist nicht das Stammschloss eines eigenen Herrengeschlechts. Die adeligen Vasallen der Herren von Gleiberg bauten sich auf dem benachbarten Berge an und erhielten das Schloss Vetzberg von diesen zu Lehen. Sie thaten sich als „Ganerben” zusammen, und kommen als solche urkundlich schon 1245 vor; mehrere adelige Mitglieder dieser Ganerbschaft fügten ihrem Namen noch bei: „von Vetzberg”. Im Jahre 1454 waren ihrer neunzehn; diese errichteten einen Burgfrieden unter sich und ihre Vorsteher hiessen „Buwenmeister” (Baumeister); die darüber ausgefertigte Urkunde, das pactum ganerbicum von Vetzberg, ist ein interessanter Beitrag zu den deutschen Rechtsalterthümern. Unter den adeligen Familien, welche zur Vetzberger Ganerbschaft gehörten, fallen uns manche berühmte Geschlechter auf, die von Nordeck, von Buseck, von Holzhausen, die Schenk zu Schweinsberg, die von Schwalbach, die von Breidenbach, die Holzapfel. Die letztgenannten flochten 1467 das einzige romantische Blümchen in die friedliche Geschichte Vetzbergs. Die Holzapfel und ihre Genossen entführten nämlich damals eine Jungfrau vom Hofe des Grafen Johann IV von Nassau-Dillenburg, und flohen mit der Geraubten hieher. Kaum vernimmt der Graf die That, so schwingt er sich, von Zorn entbrannt, mit seinen Mannen zu Rosse und jagd hinter den flüchtigen Räubern her, und unterwegs ruft er alles Volk in den Dörfern auf, ihm gegen sie beizustehen. A m Fuss des Vetzberges erreicht er endlich die Verhassten und ein furchtbarer Kampf beginnt. Vergeblich ihr Muth, vergeblich ihre Tapferkeit; der zürnende Graf trägt den Sieg davon; die Holzapfel und ihre Genossen ergreifen endlich die Flucht, während manche Leiche auf dem Wahlplatz und mancher Verwundete in der Gewalt des Grafen bleibt. – Im Verlauf der Zeiten kam die den Ganerben gemeinschaftliche Burg, zu welcher weiter nichts als ein Stück Feld und ein Stück Wald gehörte, allmälig sehr in Abnahme. Es konnte, seit der Erfindung des Pulvers und der Einführung der Feuergewehre, nicht mehr eine Vorhut für das bei weitem festere Gleiberg sein; man vernachlässigte es. Manche ganerbschaftliche Familie erlosch und kein neues Geschlecht meldete sich zur Aufnahme in den ganerbschaftlichen Verband. Ueberhaupt war die ganze Zeit unvermerkt eine andere geworden, und jene wundersame Gliederung des mittelalterlichen Ritter-, Adel- und Lehnswesens war aus den Fugen gewichen und durch neue Kombinationen im Staatswesen ersetzt worden. So waren im Jahre 1765 nur noch vier ganerbschaftliche Familien übrig: die von Lesch zu Mölnhem, die von Schwalbach, (die auch in Giessen als Burgmänner so lange ausgehalten) die Schenke zu Schweinsberg und die von Nordeck. Diese überliessen dem damaligen Landesherrn, dem Fürsten Karl von Nassau-Weilburg, all’ ihr Gerechtsame für 2000 Gulden und der Fürst hob die Ganerbschaft auf. Die Gebäulichkeiten der Burg, schon früher ziemlich vernachlässigt, zerfielen nun immer mehr, und es bedurfte blos der Zeit, um sie völlig in Ruinen zu verwandeln.
Der Stein an und für sich ist etwas Todtes; und so ist’s auch das ganze Gebäude, wenn es nicht, wie bei einer Burg die Erinnerung, sei es nun Geschichte oder Sage, weiht, wenn ihm nicht, wie bei einem Rathhaus oder bei einer Kirche, die geistige Richtung des Volkes, sei es für das Gesammtbewusstsein der Freiheit und des Rechtes, oder für den Glauben, das Siegel einer höhern Bedeutung aufdrückt; und dann lebt das Gebäude auch bis zum letzten Stein, wie uns das Schlachtfeld lebt, selbst wenn kein Hügel mehr das Grab eines Gefallenen bezeichnet. Aber die Vergangenheit selbst, im Ganzen ist immer poetisch und wird es noch mehr, wo du blos noch zertrümmerte Reste siehst. Gerade dann tritt nämlich die Phantasie liebreich hinzu und, wie sie empfänglich ist für alles, was da war, weil sie die Kraft in sich trägt, es aus Rosenwolken neu zu erschaffen, – so neigt sie sich auch über das Detail und fasst es als Ganzes auf, das sie mit tausend neuen Wesen bevölkern kann. So erweitert und veredelt sie das, was einst vielleicht nur als Genrebild zur grossen ganzen Komposition gehörte. Wer möchte ihr darüber gram sein? Wenn auch der strenge Gelehrte vom Fach sie, als eine unruhige muthwillige Bettina von sich stösst, die alle Bücher durcheinanderwirft und alle Merkzeichen aus denselben zieht, wenn sie auch alle mühsam gesammelten Notizen und Auszüge wie für ein Kalleidoscop durcheinandermengt, – sie ist doch ein liebes, herziges Kind, diese Beherrscherin aller Luftschlösser. Und sind denn die festesten Schlösser für die Dauer fester als diese ihre Luftschlösser? Lasst sie doch immer emsig nach ihren Launen bauen, lasst sie hie und da umherschweifen, und überall, wo sie Trümmer sieht, die schönsten Formen sich merken, welche sie dann verwendet oder gefällig, wie sie ist, dem Künstler mittheilt. Für den Künstler ist Vetzberg ein schöner Fund, überhaupt für jeden, der Schönheitssinn hat. Er beut ihm den Mittelpunkt eines reizenden Bildes, zu welchem die Natur rings umher einen Mittel- und Hintergrund liefert, so still-heimelig, dass jeder Beschauer den Wunsch in sich aufsteigen fühlt: „Dolce far niente! hier kann man sich dir mit vollem Behagen ergeben!”
Nicht so umfangreich und stattlich wie die Gleibergs, nimmt sie sich doch äusserst malerisch aus; und, wenn auch mehr zerfallen, blickt sie doch gar hell und freundlich auf das schöne Thal ringsum herab. Das zerklüftete Mauerwerk lehnt sich gleichsam an den schlanken Thurm, als suche es bei ihm Schutz; dieser selbst blickt (wie ein Sohn zum Vater) zu dem alten ernsten Thurm Gleibergs hinauf. Unterhalb der Ruine schmiegt sich das ärmliche Dörflein an den Berg; kein Gotteshaus ladet die Bewohner mit Glockentönen zu sich ein; einst – doch das ist wohl schon an vierhundert Jahre her – stiegen sie zur Burgkapelle hinan, welche jetzt in Trümmer zerfallen ist. Nahebei liegt der Vetzberger Hof. Welch’ einen mächtigen Eindruck auch die Ueberreste Gleibergs und das grossartige Panorama von dessen Thurm hervorbrachten, – es verlohnt sich doch der Mühe, nach Vetzberg hinüberzuwandern und dessen Trümmer in der Nähe zu beschauen.
Woher der Name „Vetzberg” stammt? Man hat schon mancherlei verschiedenartige Ableitungen desselben versucht. Einige meinen: er stamme vom Worte Vogt (im Volksmund: „Voit” oder „Fond”), weil ein Landvogt hier im Schlosse gesessen. Andere nehmen an, ein gewisser Vodo habe dies Schloss erbaut, und daher heisse es ursprünglich „Vodosberg”. In alten Urkunden kommt der Name in den Varianten „Vodinburg, Voitsberg, Vätsberg, Voydesberg, Vogedenberg und Fondsberg vor.
Wie Vetzberg bescheiden und friedlich neben dem stolzen trotzigen Gleiberg liegt, so folgt auch seine Geschichte einem gleichen Verhältniss. Es ist nicht das Stammschloss eines eigenen Herrengeschlechts. Die adeligen Vasallen der Herren von Gleiberg bauten sich auf dem benachbarten Berge an und erhielten das Schloss Vetzberg von diesen zu Lehen. Sie thaten sich als „Ganerben” zusammen, und kommen als solche urkundlich schon 1245 vor; mehrere adelige Mitglieder dieser Ganerbschaft fügten ihrem Namen noch bei: „von Vetzberg”. Im Jahre 1454 waren ihrer neunzehn; diese errichteten einen Burgfrieden unter sich und ihre Vorsteher hiessen „Buwenmeister” (Baumeister); die darüber ausgefertigte Urkunde, das pactum ganerbicum von Vetzberg, ist ein interessanter Beitrag zu den deutschen Rechtsalterthümern. Unter den adeligen Familien, welche zur Vetzberger Ganerbschaft gehörten, fallen uns manche berühmte Geschlechter auf, die von Nordeck, von Buseck, von Holzhausen, die Schenk zu Schweinsberg, die von Schwalbach, die von Breidenbach, die Holzapfel. Die letztgenannten flochten 1467 das einzige romantische Blümchen in die friedliche Geschichte Vetzbergs. Die Holzapfel und ihre Genossen entführten nämlich damals eine Jungfrau vom Hofe des Grafen Johann IV von Nassau-Dillenburg, und flohen mit der Geraubten hieher. Kaum vernimmt der Graf die That, so schwingt er sich, von Zorn entbrannt, mit seinen Mannen zu Rosse und jagd hinter den flüchtigen Räubern her, und unterwegs ruft er alles Volk in den Dörfern auf, ihm gegen sie beizustehen. A m Fuss des Vetzberges erreicht er endlich die Verhassten und ein furchtbarer Kampf beginnt. Vergeblich ihr Muth, vergeblich ihre Tapferkeit; der zürnende Graf trägt den Sieg davon; die Holzapfel und ihre Genossen ergreifen endlich die Flucht, während manche Leiche auf dem Wahlplatz und mancher Verwundete in der Gewalt des Grafen bleibt. – Im Verlauf der Zeiten kam die den Ganerben gemeinschaftliche Burg, zu welcher weiter nichts als ein Stück Feld und ein Stück Wald gehörte, allmälig sehr in Abnahme. Es konnte, seit der Erfindung des Pulvers und der Einführung der Feuergewehre, nicht mehr eine Vorhut für das bei weitem festere Gleiberg sein; man vernachlässigte es. Manche ganerbschaftliche Familie erlosch und kein neues Geschlecht meldete sich zur Aufnahme in den ganerbschaftlichen Verband. Ueberhaupt war die ganze Zeit unvermerkt eine andere geworden, und jene wundersame Gliederung des mittelalterlichen Ritter-, Adel- und Lehnswesens war aus den Fugen gewichen und durch neue Kombinationen im Staatswesen ersetzt worden. So waren im Jahre 1765 nur noch vier ganerbschaftliche Familien übrig: die von Lesch zu Mölnhem, die von Schwalbach, (die auch in Giessen als Burgmänner so lange ausgehalten) die Schenke zu Schweinsberg und die von Nordeck. Diese überliessen dem damaligen Landesherrn, dem Fürsten Karl von Nassau-Weilburg, all’ ihr Gerechtsame für 2000 Gulden und der Fürst hob die Ganerbschaft auf. Die Gebäulichkeiten der Burg, schon früher ziemlich vernachlässigt, zerfielen nun immer mehr, und es bedurfte blos der Zeit, um sie völlig in Ruinen zu verwandeln.
Der Stein an und für sich ist etwas Todtes; und so ist’s auch das ganze Gebäude, wenn es nicht, wie bei einer Burg die Erinnerung, sei es nun Geschichte oder Sage, weiht, wenn ihm nicht, wie bei einem Rathhaus oder bei einer Kirche, die geistige Richtung des Volkes, sei es für das Gesammtbewusstsein der Freiheit und des Rechtes, oder für den Glauben, das Siegel einer höhern Bedeutung aufdrückt; und dann lebt das Gebäude auch bis zum letzten Stein, wie uns das Schlachtfeld lebt, selbst wenn kein Hügel mehr das Grab eines Gefallenen bezeichnet. Aber die Vergangenheit selbst, im Ganzen ist immer poetisch und wird es noch mehr, wo du blos noch zertrümmerte Reste siehst. Gerade dann tritt nämlich die Phantasie liebreich hinzu und, wie sie empfänglich ist für alles, was da war, weil sie die Kraft in sich trägt, es aus Rosenwolken neu zu erschaffen, – so neigt sie sich auch über das Detail und fasst es als Ganzes auf, das sie mit tausend neuen Wesen bevölkern kann. So erweitert und veredelt sie das, was einst vielleicht nur als Genrebild zur grossen ganzen Komposition gehörte. Wer möchte ihr darüber gram sein? Wenn auch der strenge Gelehrte vom Fach sie, als eine unruhige muthwillige Bettina von sich stösst, die alle Bücher durcheinanderwirft und alle Merkzeichen aus denselben zieht, wenn sie auch alle mühsam gesammelten Notizen und Auszüge wie für ein Kalleidoscop durcheinandermengt, – sie ist doch ein liebes, herziges Kind, diese Beherrscherin aller Luftschlösser. Und sind denn die festesten Schlösser für die Dauer fester als diese ihre Luftschlösser? Lasst sie doch immer emsig nach ihren Launen bauen, lasst sie hie und da umherschweifen, und überall, wo sie Trümmer sieht, die schönsten Formen sich merken, welche sie dann verwendet oder gefällig, wie sie ist, dem Künstler mittheilt. Für den Künstler ist Vetzberg ein schöner Fund, überhaupt für jeden, der Schönheitssinn hat. Er beut ihm den Mittelpunkt eines reizenden Bildes, zu welchem die Natur rings umher einen Mittel- und Hintergrund liefert, so still-heimelig, dass jeder Beschauer den Wunsch in sich aufsteigen fühlt: „Dolce far niente! hier kann man sich dir mit vollem Behagen ergeben!”